Sehr geehrte Fragestellerin,
das ist tatsaechlich eine frustrierende und traurige Situation, die Sie da beschreiben. Sie fuehlen sich ja schon seit ein paar Jahren nicht mehr ganz zufrieden in Ihrer Beziehung - und in Ihrem Leben. Eine "midlife crisis" ist durchaus eine Moeglichkeit, ich koennte mir aber auch vorstellen, dass Sie mittlerweile leichte Depressionen entwickelt haben, die Ihre Situation noch schwieriger machen. Ihr Mann hat sich ja wahrscheinlich nicht sehr veraendert in den Jahren seit Sie ihn kennengelernt haben. Er war ja wahrscheinlich auch damals schon eher dominant. Aber damals hat Ihnen das anscheinend weniger ausgemacht. Die Frage ist dann also, wie Sie sich veraendert haben.
Die Suche nach Risiko, Unabhaengigkeit und etwas "neuem" passt generell in das Konzept der "midlife crisis." Auch wenn die midlife crisis nicht immer ernst genommen wird, gibt es mittlerweile genug Forschung, die zeigt, dass es sich dabei um eine durchaus ernstzunehmende Lebenskrise handelt. Man stellt sich zu diesem Zeitpunkt oft die Frage nach dem Sinn des Lebens, hinterfragt Lebensentscheidungen (Was waere gewesen, wenn ich jemand anderen geheiratet haette? Wenn ich einen anderen Beruf ergriffen haette? Wenn ich keine Kinder haette? ....), und setzt sich mit der eigenen Sterblichkeit auseinander. Die Realisierung, dass man weniger Zeit vor sich als hinter sich hat, fuehrt oft dazu, dass man mit allen moeglichen Mitteln versucht, seine Jugend noch einmal zu erleben. Das fuehrt dann dazu, dass man andere Maenner attraktiv findet und ueber ein anderes Leben nachdenkt.
Es gibt keine korrekte Antwort und letztendlich hat jede Entscheidung Vor-und Nachteile - also sowohl das bleiben als auch das Trennen sind nicht "gut" oder "schlecht", sondern beide haben gute und schlechte Seiten. Koennten Sie sich vorstellen, da einmal eine ausfuehrliche pro/kontra-Liste aufzustellen, um sich fuer sich selbst etwas Klarheit zu schaffen, wie es aussehen koennte, wenn Sie sich trennen und wie es wahrscheinlich aussehen wuerde, wenn Sie bleiben.
Manche Menschen finden einen Weg, den Sinn des Lebens im Rahmen ihrer Familie zu finden und ihre Angst vor der eigenen Sterblichkeit zu ueberwinden. Sie tun dann oft Dinge, um ihr Leben zu bereichern (wie eine Pilotenlizenz machen, mit dem Fahrrad durch die Mongolei fahren, eine Zeit im Ausland arbeiten, ein schnelles Auto kaufen usw.) um fuer diesen Drang nach Freiheit und Risiko im Rahmen ihres jetzigen Lebens Raum zu schaffen. Das ist natuerlich in Ihrem Fall schwierig, wenn Ihr Mann Ihnen da so strenge Grenzen setzen moechte. Was denken Sie wuerde passieren, wenn Sie sich ueber diese Grenzen hinwegsetzen und trotzdem Dinge tun, die Sie moechten? Oder was ist passiert, wenn Sie das getan haben?
KOennten Sie fuer sich alleine eine Therapie machen,um herauszufinden, was Sie wirklich brauchen und ob Sie das im Rahmen dieser Ehe finden koennen oder ob Sie da eher zunehmend ungluecklich und depressiv werden, wenn Sie versuchen, innerhalb der Grenzen Ihrer FAmilie zu leben?