Sehr geehrte Melanie,
vielen Dank für Ihre Geduld. Es freut mich, dass es Ihrer Kleinen etwas besser geht und sie auf die von Ihrem Kinderarzt empfohlene Therapie mit Lactulose (Laevolac ®) auch gut anspricht. Ich kann verstehen, dass noch viele Fragen offen sind und werden Ihnen versuchen, Ihnen auf alles zu antworten.
Mögliche Ursachen
Bei unserem letzten Gespräch hatte ich ja schon angedeutet, dass eine mögliche Ursache darin bestehen könnte, dass Darmabschnitte nicht so beweglich sind, wie sie sein sollten. Ihr Kinderarzt hat anscheinend in eine ähnliche Richtung gedacht, da er den Verdacht auf einen leichten Morbus Hirschsprung geäußert hat. Das ist der medizinische Fachbegriff für dieses Erkrankungsbild. Kinder mit Morbus Hirschsprung haben im Prinzip seit der Geburt Probleme mit dem Stuhlgang. Oft geht dabei schon das Kindspech (Mekonium) etwas verspätet ab. Die Probleme werden mit zunehmendem Alter dabei nicht besser, sondern verschlimmern sich eher noch.
Möglich sind natürlich auch viel harmlosere Ursachen, wie schon bei unserem letzten Gespräch überlegt, könnte es sich einfach auch um vorübergehende Probleme handeln, die vor allem mit dem Erlernen der richtigen Koordination von Anspannung der Bauchmuskulatur und Entspannung der Beckenbodenmuskulatur besteht. Manche Menschen haben auch konstitutionell einen etwas trägen Darm, wie Ihr Kinderarzt ja auch bereits vermutet hat.
Mögliche Untersuchungen
Um auszuschließen, dass ein Morbus Hirschsprung vorliegt, müssten Proben aus der Enddarmschleimhaut entnommen werden. Diese kurze Untersuchung wird in der Regel unter einer sogenannten „Sedierung“ durchgeführt. Die Kinder erhalten dabei ein Medikament, das sie kurz schlafen lässt, atmen aber selbstständig dabei weiter. Nach der Untersuchung müssen die Kinder noch ein paar Stunden im Krankenhaus zur Überwachung bleiben, können aber in der Regel am selben Tag noch nach Hause (im Gegensatz zu einer vollen Narkose, bei der die Kinder künstlich beatmet werden müssen und auch nicht unbedingt am selben Tag nach Hause gehen können).
Diese Untersuchung sollte durchgeführt werden, wenn die Beschwerden zunehmen oder nicht besser werden möchten.
Mögliche Therapie
Wenn ein Morbus Hirschsprung bestätigt wird, hilft nur eine operative Therapie. Diese Erkrankung „verwächst“ sich nicht, sie wird also nicht mit der Zeit besser.
Bei einem etwas „langen und trägen Darm“, wie Ihr Kinderarzt es ausdrückte, dürfen Sie gerne mit der Lactulose (Laevolac ®) behandeln. Dieses Präparat wird vom Körper nicht weiter aufgenommen, fördert aber eine gesunde Darmflora im Dickdarm, wo es von den dort lebenden Bakterien verarbeitet werden kann. So bindet Lactulose auch Wasser im Stuhl, der dadurch weicher und leichter abzusetzen wird. Das Präparat darf bei Säuglingen verwendet werden und hat keine wesentlichen Nebenwirkungen (bei Überdosierung: Durchfall und Bauchschmerzen). Allerdings kann sich mit der Zeit ein leichter Gewöhnungseffekt einstellen, und die Wirkung der Lactulose lässt dann nach.
Insgesamt würde ich mit der Empfehlung des Kinderarztes einig gehen, zunächst mit Lactulose zu behandeln, gerne auch zu Beginn regelmäßig, bis sich eine gute Routine einstellt und dann wieder langsam und schrittweise reduzieren. Die Behandlung sollte über mehrere Wochen durchgeführt werden, damit Ihre Kleine merkt, dass sie ohne Beschwerden Stuhlgang absetzen kann. Falls die Beschwerden trotz allem nicht ganz verschwinden, sollte nochmal über die Diagnostik in Richtung Morbus Hirschsprung nachgedacht werden.
(Kümmel-) oder allgemein Zäpfchen ohne besonderen Wirkstoff wirken durch die Aufweitung des Enddarms Stuhlgang-auslösend. Dabei stellt sich allerdings auch rasch ein Gewöhnungseffekt ein, solche Therapien wären daher aus meiner Sicht nur eine Notlösung, wenn sie sich mal sehr quält mit einem Stuhlgang.
In jedem Fall sollte weiter Größen- und Gewichtszunahme regelmäßig kontrolliert werden, um sicherzustellen, dass Ihre Kleine sich körperlich gut entwickelt. Auch blutige Stühle sollten unbedingt weiter abgeklärt werden.
Ich hoffe, diese Übersicht hilft Ihnen etwas weiter. Wenn Sie noch Fragen zum Thema haben, können Sie mir natürlich weiter gerne hier schreiben.
Herzliche Grüße,
Ihr Dr. med. M. Metzger