Sehr geehrte Kundin, Sehr geehrter Kunde,
Gern beantworte ich Ihre Fragen im Rahmen einer Erstberatung unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes und den Vorgaben dieser Plattform.
Bei meiner Beantwortung orientiere ich mich direkt an dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt. Bitte beachten Sie, dass auch nur kleine Änderungen zu einer wesentlich anderen rechtlichen Bewertung führen können.
Grundsätzlich ist kirchensteuerpflichtig, wer einer Kirche oder anderen Glaubensgemeinschaft angehört, die Kirchensteuer erhebt. Das sind in Deutschland vor allem die beiden großen Kirchen - die römisch-katholische und die evangelische.
Mitglied dieser beiden Kirchen wird man durch den Akt der Taufe, unabhängig davon, ob Sie dem religiösen Glauben folgen oder nicht. Aber auch andere Gemeinschaften können grundsätzlich Kirchensteuer erheben, vorausgesetzt, diese haben den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Weiterhin ist festzuhalten, dass Sie gem. § 90 Abgabenordnung (AO) als Beteiligter zur Mitwirkung am Besteuerungsverfahren verpflichtet sind, insbesondere zur vollständigen und wahrheitsgemäßen Offenlegung von besteuerungserheblichen Tatsachen. § 93 Abs. 1 AO konkretisiert das und bestimmt, dass Sie die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhaltes erforderlichen Auskünfte gegenüber der Finanzbehörde zu erteilen haben.
Davon ausgehend, dass gegen Sie aufgrund Unwissenheit des Finanzamtes noch kein Bußgeld- oder Strafverfahren wegen Nichtzahlung der Kirchensteuer eingeleitet worden ist, schlage ich vor, Ihre Kirchenzugehörigkeit offenzulegen. Durch Nachzahlung der Steuer hätte sich dann damit die Angelegenheit erledigt. In diesem Zusammenhang lassen Sie auch bitte die Kirchenzugehörigkeit auf Ihrer Lohnsteuerkarte korrigieren, um weiteren Missverständnissen aus dem Wege zu gehen.
Sofern Sie bisher kein steuerpflichtiges Einkommen hatten, sind Sie auch nicht zur Zahlung von Kirchensteuer verpflichtet. Es kann dann jedoch passieren, dass der konfessionslose Ehegatte zur Steuer herangezogen wird. Falls Sie jedoch einer steuerpflichtigen Tätigkeit nachgegangen sind, müssen Sie die Kirchensteuer auch rückwirkend zahlen. Gem. § 173 Abs. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, sofern Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden. Ihre Kirchenzugehörigkeit zählt zu diesen "nachträglichen Tatsachen". Das Finanzamt würde daher die "alten Bescheide" aufheben bzw. ändern und "neue Bescheide" erlassen, in welchen die Kirchensteuern festgesetzt werden. Hier wäre jedoch seitens des Finanzamtes die Festsetzungsfrist zu beachten. Unanwendbar ist allerdings für Kirchensteuer § 169 Abs. 2 S. 2 AO. Insoweit richtet sich die Geltung der §§ 169 ff. AO nach den Landes- und Kirchensteuergesetzen. Soweit jedoch der Einkommensteuerbescheid im Verhältnis zum Kirchensteuerbescheid ein Grundlagenbescheid ist, ergreift die verlängerte Festsetzungsfrist der Einkommensteuer auch die Kirchensteuer.
Die Kirchensteuerpflicht endet ansonsten entweder durch Umzug ins Ausland, durch den Austritt aus der Kirche oder durch den Tod des Kirchenmitglieds. Sofern Sie sich entscheiden, aus der Kirche auszutreten, muss dieser gegenüber der jeweils zuständigen Stelle erklärt werden, welche von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich ist - entweder für Ihren Wohnsitz das zuständige Standesamt oder Amtsgericht. Mit Austritt erhalten Sie sodann eine Austrittsbescheinigung, die von Ihnen gut aufzubewahren ist. Hin und wieder kommt es vor, dass es nach Umzügen zu falschen Konfessionsangaben auf der Lohnsteuerkarte oder zu fehlerhafter Datenweitergabe an die Kirche kommt.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und stehe für eine Nachfrage oder auch eine weitergehende Beratung gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwältin Piasecki